Jetzt kommt die Deutsch-Amerikanische Freundschaft (DAF) wieder ins Spiel


Mit ihrem Erstlingswerk leistete die später als Duo zu Weltruhm gelangte Deutsch-Amerikanische Freundschaft (DAF) musikalische Pionierarbeit: Robert Görl, Wolfgang Spelmans, Kurt Dahlke (Pyrolator) und Michael Kemner schufen 1979 das vermutlich erste Noise-Rock-Album der Welt. Radikal, brachial, instrumental.
Am 11. Mai erscheint “Ein Produkt der Deutsch-Amerikanischen Freundschaft” als Reissue bei Bureau B.
Die echten DAF-Kenner wissen natürlich um die Frühphase der Düsseldorf-Wuppertaler Band. Aber die meisten Fans des später weltberühmten Duos dürften mit den Ohren schlackern, wenn man sie mit deren Debütalbum konfrontierte: keine kraftvollen Synthie-Bässe, keine zackigen Rhythmen, kein Gabi Delgado, kein Leder. Stattdessen: rein instrumentaler, unstrukturierter Noise-Rock, gespielt von Langhaarigen und Schnurrbärtigen! Eine
krassere Metamorphose kann eine Band kaum durchmachen.
Dabei stieß Gabi Delgado zur Band (die damals aus Robert Görl, Kurt Dahlke/Pyrolator, Wolfgang Spelmans, Michael Kemner bestand), bevor sie sich von ihrem alten Namen YOU trennte und sich Deutsch-Amerikanische Freundschaft nannte. Und er war auch noch dabei, als die ersten Aufnahmen im Studio 56 in Mühlheim gemacht wurden. Aber man sei mit dem Ergebnis nicht zufrieden gewesen („zu schlagerhaft“, so das Urteil der Band) und außerdem mit Delgados Gesang und seinen Texten „nicht so einverstanden“ (so Pyrolator, damals zuständig für die Elektronik) woraufhin Delgado die Band verließ. Und da der Schaffensdrang groß war („wir wollten unbedingt eine Platte machen. Alle anderen in Düsseldorf hatten schon ein Album draußen, Male, Mittagspause, nur wir nicht“) und der Sänger jetzt fehlte, musste es eben ein Instrumentalalbum werden.
Nach dem Desaster im Studio beschloss man, die Aufnahmen selber zu machen. Und so wurden in Wolfgang Spelmans’ Wohnzimmer eine Bandmaschine und zwei Mikrofone aufgebaut und zehn Tage lang improvisiert, was das Zeug hielt. Dann war es fertig, das „Produkt der Deutsch-Amerikanischen Freundschaft“: 22 Tracks, zwischen 19 Sekunden und drei Minuten lang. Der Einfluss ihrer Vorbilder Can ist deutlich zu hören. Angesichts der Tatsache, dass andere bekannte Noise-Rock-Bands wie Chrome, Flipper oder gar Sonic Youth erst später vergleichbare Musik aufnahmen, muss man das „Produkt der Deutsch-Amerikanischen Freundschaft“ unbedingt als musikalisches Pionierwerk werten. Vermutlich ist es sogar das erste Noise-Rock-Album der Welt.
War die Welt Ende der 70er Jahre eigentlich schon bereit für einen derart brachialen und nihilistischen Sound? Die Welt der Schallplattenfirmen war es damals jedenfalls nicht, denn DAF fanden kein Label. Und so kam es, dass DAF nicht nur Pioniere der Krachmusik, sondern auch Pioniere des DIY wurden. Hilfe kam von der Kreissparkasse: Für einen Kredit in Höhe von 3000 Mark belieh Pyrolator sein Auto. Ein folgerichtiger Schritt, betrieb er doch bereits ein Kassetten-Label namens Warning Records (aus dem kurz Zeit später Ata Tak wurde). Das „Produkt der Deutsch-Amerikanischen Freundschaft“ war die erste LP des Labels und bekam die Katalognummer WR 001/LP/1979. Die Platte verkaufte dann so gut, dass Pyrolator den Kredit schnell wieder zurückzahlen konnte.
VÖ: 11. Mai 2012 (Erstveröffentlichung 1979)

Buero B

Post Author: MMagazin

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