Recovery Child – Fans gewinnen mit Social Media und Akustik-Konzerten


(MMB-intern) – In den sechs Jahren seit der Gründung von Recovery Child haben Ryan McCambridge (Gesang/Gitarre), Greg McEvoy (Gitarre), Ben Tran (Bass) und Gord Davidson (Schlagzeug) mehrere Methoden genutzt, um immer mehr Leute für sich zu begeistern.

Foto: Niwy Herczegová

Neben klassischen Live-Gigs setzen die Vier aus Toronto wie viele andere Bands auf soziale Netzwerke, um auf sich aufmerksam zu machen. Im Interview erzählt Sänger Ryan, welche Vor- und Nachteile Social Media für Bands bieten und wie es zu der Akustik-Tour durch Europa kam.

Ihr benutzt Twitter, um mit euren Fans zu kommunizieren. Wie wichtig sind deiner Meinung nach Twitter, Facebook und das Internet im Allgemeinen für Musiker?

Ryan: Ich glaube nicht, das Social Media wichtig für das Schreiben von Musik sind, besonders da du als Künstler Musik machst, um dich selbst auszudrücken. Das machst du in dir drinnen und du hast keine andere Wahl, als es raus zulassen. Abgesehen davon finde ich, dass Social Media ein fantastisches Mittel sind, um unsere Musik zu verbreiten. Es war unglaublich hilfreich für uns und wir können uns sehr glücklich schätzen, es zur Verfügung zu haben. Ich glaube, dass jeder Musiker, der Musik nicht nur als Hobby oder der Kunst wegen machen möchte, den Einfluss von Social Media nicht ignorieren kann.


Wie einflussreich oder machtvoll sind Deiner Einschätzung und Erfahrung nach Social Media als Mittel für Bands?

Ryan: Sie sind unglaublich einflussreich und machtvoll, aber wie angedeutet, es ist wichtig für den geschäftlichen Teil. Das Schwierige daran ist, sich nicht darin zu verlieren und sicherzustellen, dass man die richtige Balance zwischen seiner Kunst und dem Geschäft findet. Ich denke, es ist ungesund, zu viel Zeit mit Social Media zu verbringen und seine Pflichten als Künstler zu vernachlässigen.


Ihr seid bis vor kurzem durch Europa getourt und habt spezielle Akustik-Sets gespielt. Wie kam die Idee dafür zu Stande?

Ryan: Immer mehr Leute hatten uns gefragt, wann wir mal nach Europa kommen. Obwohl wenn wir am Anfang nichts über die europäische Musikszene wussten und es so schien, als wäre es kaum umzusetzen, beschlossen wir, es möglich zu machen. Aber uns reichte es nicht, einfach nur zu kommen und für die Leute zu spielen. Die Leute hatten mehr verdient und wir wussten, dass wir was Spezielles draus machen müssen.

Bei einer Show im letzten Herbst in Owen Sound, Canada, wollten wir gerade anfangen, als auf einmal der komplette Raum stockdunkel war. Als dann rauskam, dass in der ganzen Stadt der Strom ausgefallen war, sank mir das Herz in die Hose. Wir wollten aber nicht abbrechen. Wir wollten, dass man uns in Owen Sound kennt. Mit etwas Großzügigkeit von ortsansässigen Musikern hatten wir innerhalb von 15 Minuten zwei Akustikgitarren. Ich musste darüber lachen, dass Greg und ich da an der Bar saßen, nur von einer einzigen Notfalllampe beleuchtet. Ben und Gord fehlten, aber wir erreichten an diesem Abend eine Art Verbindung mit dem Publikum wie wir sie nie zuvor hatten. Und in dieser Nacht wusste ich, dass wir das wieder machen müssen und dass es keine bessere Gelegenheit dazu gibt als die Europa-Tour.



Foto: Chris Gruggen

Welche Erfahrungen habt ihr auf dieser Tour gemacht?

Ryan: Es war eine tolle Erfahrung. Die Energie und der Enthusiasmus von den Zuschauern haben uns umgehauen. Wir konnten auch nicht glauben, wie gastfreundlich alle waren. Wir gingen als Fremde in fremde Länder und fühlten uns später wie ein Teil der Gemeinschaft. Wir sind unglaublich privilegiert, dass wir so willkommen geheißen wurden.

Gibson Guitars hat uns bei unserer Europatour sehr unterstützt. Wir sind in deren Showroom gegangen und konnten uns jede Gitarre nehmen, die wir wollten. Ein Kindheitstraum wurde wahr. Am nächsten Abend spielten wir in Berlin. Das war unser erstes Konzert und der erste Song war „A Life Kinetic“ von unserem Debütalbum. Das Lied hat ziemlich viel Druck und ich habe wie immer alles gegeben. Ich gehe mit meinen Gitarren nicht sonderlich nett um und im zweiten Refrain haute ich in die Seiten und hörte auf einmal ein kleines Knallen. Ich hatte eine Seite gerissen. Beim ersten Song der Tour. Normalerweise wäre das kein Problem, weil wir bei unseren üblichen Shows Ersatzgitarren haben und zwei andere Bandmitglieder, die dann weitermachen können. Aber bei einer kleinen Akustikshow wie dieser ist das schon eine kleine Katastrophe. Aber man muss mit solchen Sachen umgehe, also habe ich dem Publikum am Ende vom Lied von dem Problem erzählt und die riefen: Wechsel die Saite! (Change the string!). Greg hat dann was aus dem Stehgreif gespielt während ich schnell eine neue Saite aufzog. Der Rest des Gigs verlief glatt und ich bemühte mich, die Gitarre nicht zu schonen. Eine gerissene Saite ist kein Grund, nicht alles zu geben!


Habt ihr eine spezielle Verbindung zu Europa oder Deutschland im Besondern?

Ryan: Wir gehen dahin, wo uns die Leute wollen. Wir haben eine Menge Fans in Europa also haben wir das gemacht. Abgesehen davon gibt es so viele Orte in Europa, die mir sehr gut gefallen. Es gibt dort so viel Kultur und ich glaube, die Wertschätzung der Kunst ist mehr Teil der Menschen. Damit kann ich mich wirklich identifizieren.


Wann kommt ihr wieder nach Europa?

Ryan: Wir hoffen bald. Realistisch ist 2013. Wir kommen dann mit der kompletten Band, das Warten lohnt sich also.

Wie würdest Du eure Musik beschreiben?

Ryan: Das ist immer eine schwierige Frage. Wir sind mit dem Alternative Rock der 90er groß geworden. Wir vertrauen darauf, Musik zu schaffen, die einen Zweck hat, die mehr als Unterhaltung bietet. Ich versuche hier nicht zu pathetisch zu klingen aber ich glaube wirklich, dass mit dem Künstler-Dasein auch eine gewisse Verantwortung einher geht. Teil dessen ist es, Kunst zu kreieren, an die Du wirklich glaubst und die hoffentlich etwas zur Gesellschaft beiträgt. Ich mag es einfach nicht, wenn Leute annehmen, das „Mainstream“ Rock klischeehaft sein oder die Tiefe einer Boulevardzeitung haben muss. Wir glauben, dass Musik zugänglich sein und gleichzeitig Substanz haben kann. Und wenn dieser Substanz in der Musik vorhanden ist, entstehen daraus ehrliche und leidenschaftliche Auftritte und das ist es, womit sich die Leute identifizieren. Das ist das letztendliche Ziel.

In der Biographie auf eurer Webseite steht, dass ihr gemeinsam an Songideen arbeitet, die von Dir stammen. Wie sieht dieses kollektive Songwriting aus?

Ryan: Ich schreibe Lieder, seitdem ich 13 Jahre alt bin. Mich hat es nie interessiert, die Lieder von anderen zu spielen und daher habe ich wirklich früh gelernt, Ideen für Musik und Texte zu Song zusammenzubauen. Ich finde es schwierig, Songs im Kollektiv zu schreiben. Also schließe ich mich in einen ruhigen Raum ein und haue Songideen raus, normalerweise an der Akustikgitarre. Das ist dann das Skelett von einem Recovery Child-Lied, aber alles formt sich erst, wenn wir zusammenkommen und es durchspielen. Manchmal sind die Songs dann genau so, wie ich sie mir ausgemalt habe aber andere Male entwickelt sich das in Richtungen, die ich mir nie hätte vorstellen können. Ich verlasse mich sehr darauf, dass Gord (Schlagzeug) das richtige Gefühl für das Lied hat. Er scheint immer zu verstehen, was ein Song braucht. Er ist einer der musikalischsten Schlagzeuger, die ich je getroffen habe. Dann konzentriert sich Ben (Bass) auf die Ideen während Greg Gitarrenparts beisteuert, die die Songs noch interessanter machen. Wir spielen einen Song einfach durch, bügeln gewissermaßen die Knitterfalten glatt und schließlich fühlt sich der Song einfach richtig an.


Was sind eure Ziele und Pläne für die Zukunft in Bezug auf die Band?

Ryan: Wir werden die Band in Europa und Nordamerika weiter aufbauen. Wir hoffen wirklich, dass wir 2013 auf mehr Festivals und in mehr Städten in Europa spielen können. Ladet uns einfach ein, wenn ihr uns in eurer Stadt wollt 😉 Letztendlich ist das Ziel, mehr Leute zu erreichen. Aber das ist eine Straße, die nie endet.

Das Interview führte © Rebecca Lück

http://recoverychild.com/

Bandportrait:
Toronto, Anfang 2006. Vier Kanadier wagen den unsicheren Weg ins Musikgeschäft, gründen die Band „Recovery Child“ und veröffentlichen ihr Debüt „On Being And the Affect“. Sie gewinnen den Band-Wettbewerb einer Radio-Station und bekommen dadurch Aufmerksamkeit von der Presse. Recovery Child touren nach dem Gewinn durch Nordamerika, verfeinern ihre Live-Shows und lernen wertvolle Lektionen über das Rock ´n Roll-Geschäft.
Das zweite Album produzierte der Sänger Ryan selbst. 2011 veröffentlichte die Band ihre aktuelle EP Afterimage.

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Post Author: MMagazin

1 thought on “Recovery Child – Fans gewinnen mit Social Media und Akustik-Konzerten

    Cy Rena

    (1. August 2012 - 20:19)

    Interessantes Interview, freue mich auf die nächste Tour!! Ich sah die Show in Köln und war begeistert!!!

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