Jeder bekommt gerne Geschichten vorgelesen. Gute Geschichten sollten es sein, vor allem aber müssen sie gut vorgelesen werden. Ähnlich verhält es sich mit Coverversionen: Entscheidend ist die Interpretation. Seit nunmehr zehn Jahren unterhält uns der Hamburger Singer-/Songwriter Patrick Zimmer unter dem Pseudonym finn. mit vornehmlich eigenen musikalischen Werken. Stets sind es zerbrechliche, empfindsame Werke – und stets suchen sie die Nähe zum einzelnen Hörer.
Wenn sich finn. auf seiner neuesten Veröffentlichung an 13 Stücke aus fremder Feder wagt, so erscheint dies nur schlüssig: Wie persönlich adressierte Gute-Nacht-Geschichten erinnern uns die Songs an längst vergessene Plots. finn. singt sie uns vor, und wir machen es uns im Federbett der kollektiven Erinnerung gemütlich. Die Auswahl der Stücke auf “I Wish I Was Someone Else” ist nicht die eines Fans – ein Glück, denn sonst müsste selbst das Presseinfo am Musikgeschmack unseres Protagonisten zweifeln. Doch die Kunst dieser Platte liegt gerade darin, manch popmusikalischer Verirrung eine bezaubernde Seite abzugewinnen. Dancing With Tears In My Eyes (Ultravox) und Tina Turners Private Dancer geraten in Patrick Zimmers liebevollen Händen zu berührenden Kleinoden.
finn. entschlackt die Songs bis auf ihr Grundgerüst und legt ihre Essenz offen. Schließlich gibt selbst eine vernebelte Komposition wie Bob Marleys I Shot The Sheriff den Blick auf einen so pointierten wie aktuellen Songtext frei. Höhepunkt des Albums ist wohl die gemeinsame “Crying In The Rain”-Interpretation mit Tocotronics Dirk von Lowtzow. Hier treffen zwei grandios überspannte Geister auf eine wunderbar verschraubte Melodie, die uns schon in der Version von a-ha die 80er versüßte. Ein Video zu dieser Singleauskopplung wird folgen. “I Wish I Was Someone Else” ist finn.´s siebte Veröffentlichung, zugleich die sechste auf dem Label Sunday Service sowie die letzte unter Pseudonym. Ein Nebenprodukt der vergangenen zehn Jahre ist eine Reihe von gezeichneten Coverporträts, auf denen finn. in identischer Grundanlage in immer neue Rollen schlüpfte: mit und ohne Schnurrbart, mit Krone und Puffärmeln, als Vampir, als Audrey Hepburn und Elton John. Auf dem aktuellen Cover sehen wir nun ein ausradiertes Gesicht. Mag der Neustart unter bürgerlichem Namen in Aussicht stehen: Genießen Sie zunächst diese grandiose Selbstauslöschung!
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